was mir zu sagen wichtig ist

Es gab mal eine Zeit vor ABA. Nämlich zu der Zeit, als ich noch nichts über ABA-Therapien wusste, gehört oder gelesen hatte.

Nun weiß ich so manches, sicher nicht genug. Aber es reicht aus um mich entschieden zu haben, dass sich diese Form der Therapie nicht für mich oder meine Kinder eignet.

Niemals möchte ich diese Abrichtung, Nötigung und Übergrifflichkeit, verpackt mit dem Begriff “Therapie” angewandt an Menschen akzeptieren.

Mich besorgt die Entwicklung dahingehend ebenso wie viele andere Autisten und deren Angehörige. Mich besorgt desweiteren die Schema-Therapie, die in erster Linie auf Personen mit Borderline-Störungen Anwendung fand; nun aber wohl immer beliebter zu werden scheint als Therapieform für hochfunktionale Autisten, die sich aufgrund ihrer kognitiven Fähigkeit nicht widerspruchslos abrichten lassen werden.

Gerne würde ich meine Sorgen teilen und Argumentationen anderer Mitbetroffenen oder deren Angehörige dazu hören.

Mein Problem aber ist, dass sich für mich dieser Austausch nicht ermöglicht. Innerhalb sämtlicher Gruppen oder auch in privaten Diskussionen auf einigen Seiten, arten nach wenigen Beiträgen die Gespräche aus in Streit und Missverständnissen. Es wird getrennt und ausgestoßen was in irgendeiner Form anders denkt, oder innerhalb dieser “Gegenbewegung” andere Kommunikationswege sucht.

Ich versuche in meinem Rahmen Informationen zu bekommen und diese auch weiter zu verteilen. Ich bemühe mich ferner nach wie vor um einen moderaten Ton, wenn ich Gespräche mit Fachleuten und Betroffene suche. Nach meinen Erfahrungen ist die Gesprächsbereitschaft mit jedem aggressiveren Tonfall deutlich geringer und die “Tür”, die ich mir öffnete, wird schnell wieder zu geworfen, noch bevor ich meine Fragen, Sorgen und Zukunftsängste den Fachleuten gegenüber habe äußern können.

Ich habe noch eine große Sorge, die ich hier einmal mitteilen möchte.

Es geht um die hohe Streitbereitschaft innerhalb der Netzwerke mit dem gemeinsamen Ziel des Austausches Rund um das Thema Autismus und das Bild, was sich dadurch der Öffentlichkeit präsentiert.

Man bezeichnet innerhalb der Fachkreise, diese autistische Community bereits als Krawall-Netzwerk und dies alles andere als mit Respekt.

Und meine Frage die daraus resultiert:

Werden meine Kinder dies irgendwann auszubaden haben, wenn es darum geht Hilfen für sich oder einen wohlwollenden Arbeitgeber zu finden?

Schaden diese hitzigen Debatten, die sich die Autisten sogar untereinander liefern, die auch in die breite Öffentlichkeit sichtbar werden nicht den Ruf, den wir doch für unsere Kinder versuchen zu rehabilitieren?

Abgesehen davon, dass ich noch nie ein Mensch war, der derartige Streitgespräche und Anfeindungen besonders gut aushält und ich mit meinen Kräften sowieso immer mehr haushalten muss- ist mir spitzfindige und aggressive Diskussionen zu führen einfach nicht als Talent in die Wiege gelegt worden.

Ich eigne mich schlicht nicht dazu. Also eigne ich mich auch nicht als Mitstreiter in dieser Sache.

Das einzige was ich weiterhin tun kann und tun werde ist, dort wo meine Meinung gefragt ist, meine autistische Innenansicht interessiert, aus meiner (begrenzten, privaten autistischen) Sicht, alles offen legen und all das zu beantworten, was hilfreich sein könnte, um meine Kinder und vielleicht auch darüber hinaus andere Betroffene besser zu verstehen.

Solange es Betroffene gibt, die mir sagen, dass ich ihnen aus dem Herzen und aus der Seele spreche, solange werde ich das tun; und sei es nur mein eigener Sohn, der mich bittet für ihn die tägliche Not, den allgegenwärtigen Kampf in dieser Gesellschaft zu formulieren und dafür passende Worte zu finden.

Ich achte und wertschätze den Einsatz aller Menschen, die um Aufklärung bemüht sind. Ich respektiere auch diejenigen, die dies mit großer Streitbereitschaft tun. Aber ich muss die Form ja nicht richtig finden. Denn dies ist nicht meine Art,  nicht mein Weg und  es geht nicht nur über meine Ressourcen, sondern vor allem hindert mich daran auch die Angst, irgendwann von meinem Sohn hören zu müssen: “Was für ein Bild habt ihr nur der Öffentlichkeit über Autisten präsentiert?”

Darum werde ich so verfahren wie oben beschrieben. Ich werde Vorträge, Workshops und Gesprächsrunden dort anbieten, wo Menschen danach fragen. Ich werde niemals dabei an irgendeiner Stelle Dinge äußern, oder verschweigen, die nicht meiner momentanen Auffassung durch meinen aktuellen Kenntnis- und Erlebnisstand entsprechen.

Damit behalte ich mir vor, dass ich heute einer Meinung bin, die ich morgen bereits überdacht haben könnte – ich argumentiere nie aus Prinzip, sondern aus dem jetzigen Stand, wie ich ihn gerade für vertretbar halte.

An öffentlichen oder teilöffentlichen Diskussionen, wo Teilnehmer mit anderer Meinung, abweichender Haltung oder geringem Wissensstand als meiner oder der breiteren Masse sind, angegangen werden,  werde ich nicht mehr teilnehmen.

Auch wenn es aus noch so guten Motiven geschieht, es insgesamt meiner Meinung und Haltung entspricht…dies ist nicht meine Art der Kommunikation und nicht die Art, die ich vor meinen Kindern in Zukunft rechtfertigen möchte.

Meine Sorgen bzgl. dessen was die Zukunft für uns bedeutet, für meine Kinder, teile ich dort mit , wo Personen sind, die eine Kommunikationsform anwenden, die ich verstehe, aushalte und zu führen bereit und gewohnt bin.

Ich werde mir Feinde machen – aber ich werde nun wieder besser schlafen und meinem Sohn in die Augen schauen können.

Ein Gedanke zu “was mir zu sagen wichtig ist

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